IN FRICTION WITH FICTION
20/05/–15/07/2017

 

JANA GUNSTHEIMER, ROSEMARY LAING,
JOSCHA STEFFENS, ANNA VOGEL, mounir fatmi

IN FRICTION WITH FICTION
20/05/ – 15/07/2017

Mounir Fatmi, Jana Gunstheimer, Rosemary Laing, Joscha Steffens, Anna Vogel Künstlerische Arbeit basiert weitgehend auf Erfindung und Fiktion, nicht zuletzt um Wirklichkeit, wie auch gesellschaftliche Vorgänge und Entwicklungen zu kommentieren, zu spiegeln, unter einem neuen Blickwinkel zu betrachten, zu kritisieren und/oder der bestehenden Wirklichkeit eine utopische Dimension hinzuzufügen. Dem konträr entgegen steht eine Entwicklung, die mit dem populären Begriff des “Postfaktischen” bezeichnet wird, eine sich über die Realität hinwegsetzende irreführende Fiktion zur Durchsetzung fragwürdiger ideologischer und politischer Ziele. Die ausgestellten Werke von fünf Künstlern der Galerie nehmen in unterschiedlicher Weise darauf Bezug.

FATMI, STEFFENS, LAING<br>Conrads 2017
LAING<br>Conrads 2017
STEFFENS<br>Conrads 2017
FATMI<br>Conrads 2017
GUNSTHEIMER, LAING<br>Conrads 2017
STEFFENS, FATMI<br>Conrads 2017

Der international renommierte, medial breit aufgestellte Konzeptkünstler Mounir Fatmi (geb. 1970, in Tanger und Paris lebend) ist mit zwei Werken vertreten. Die Nackte mit dem Sprengstoffgürtel, der mit aufgeklärter Literatur der Moderne bestückt ist, auf der inszenierten Fotografie Evolution und Death (Phoebe) von 2014 konterkariert die mit dem Märtyrertum verbundenen Heilsversprechen des radikalen Islams unmißverständlich.

Eine weitere Arbeit von Mounir Fatmi, das Video History is not mine zeigt den Künstler, der mit zwei Hämmern die Tasten einer altmodischen Schreibmaschine bearbeitet: Geschichte wird “gemacht”, resultiert meist aus gewaltsamer Auseinandersetzung und ist abhängig vom Standpunkt dessen, der sie kolportiert bzw. in Sprache fasst. Die Folgen sind dramatisch wie die Brandherde im Nahen Osten und in Afrika, die so entfacht wurden.

Jana Gunstheimer (geb. 1974, lebt in Jena) konzipiert ihre Werkgruppen so, daß der Betrachter nicht entscheiden kann wo die Dokumentation endet und die Fiktion einsetzt. Reduziert auf meisterhaft eingesetzte Schwarzweißtechniken und mit typographischer Finesse präsentiert sie skurrilste Zusammenhänge auf historischem Hintergrund (Methods of Destruction) oder gesellschaftliche Vorgänge (Heiligsprechung) und überläßt den Betrachter seinen Überlegungen und Mutmaßungen zu den jeweiligen Themen. In der Ausstellung ist die vielteilige, über 800 cm lange Papierarbeit Genie zu sehen.

Bulletproofglass von Rosemary Laing (geb. 1959, lebt in Sydney), eine Serie, die bereits 2002 entstand und brutal auf die Vergeblichkeit von Schutzmechanismen und -techniken aller Art anspielt, steht im Dialog mit einer Arbeit aus der 1999 entstandenen Serie Flight research, in der Laing nach den Schrecken des 20. Jahrhunderts die Hoffnung auf eine neue Leichtigkeit im neuen Jahrtausend ins Bild setzt. Eine Vision, die die Künstlerin 2002 mit der Serie Bulletproofglass drastisch revidiert hat.

Joscha Steffens (geb. 1981, lebt in Amsterdam und Köln), den wir zum erstem Mal zeigen, dokumentiert Wahn und Wirklichkeit erwachsener Männer, die Pseudokriegssituationen inszenieren, die man nicht als “Spiele” bezeichnen möchte. Steffens verfolgt mit der Kamera ganz nah eine große Bewegung in den USA und in Europa, die in paramilitärisch anmutender Aufmachung auftritt. Männer aller Altersgruppen simulieren Kampfsituationen Mann gegen Mann in inszeniertem Ambiente. Die Übung der individuellen Wehrhaftigkeit im Spiel bietet diesen ein mehr oder weniger ernst genommenes Substitut für den zunehmenden Kontrollverlust in der Realität. Die Fotografien seiner Werkgruppe Playground of the Undead lassen umgekehrt die Beobachtung von Realitätsverlust bei den Probanden zu.

Bereits in der Serie Strategien für Trabanten verfremdete Anna Vogel (geb. 1981, lebt in Düsseldorf) in inszenierten Studioaufnahmen alltägliche Gegenstände zu fremdartigen futuristischen Objekten, die immer noch Spuren einer gegenwärtigen Zivilisation tragen. Glänzende und spiegelnde Oberflächen stehen als Synonym für Künstlichkeit und locken gleichzeitig mit dem Versprechen einer höheren entmaterialisierten Wirklichkeit. In neuen Arbeiten werden fotografische Bilder zeichnerisch und malerisch so manipuliert, dass eine uns vertraute Welt von phytoiden Strukturen überwuchert wird – verführerisch und irritierend zugleich in ihrer fremdartigen Schönheit.

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