GUY YANAI
17/03/–05/05/2018

 

Wir sind in den letzten Jahren im Ausland mehrfach Bildern von Guy Yanai begegnet, die uns beeindruckt und nachhaltig beschäftigt haben. Um so mehr freuen wir uns, nach erfolgreichen Ausstellungen in New York und Los Angeles sowie in Paris und London, nun die erste Einzelausstellung von Guy Yanai in Deutschland anzukündigen.

Das Motiv der Einladung zur Ausstellung, eine Ansicht des Hotels La Colombe d’0r in St. Paul de Vence mit berühmten Restaurant, gehört zu den mystischen Orten der Kunst des 20. Jahrhunderts. Es ist für jeden Kunstliebhaber auf seinen Reisen ein wichtiges Etappenziel. Eröffnet 1931 im Hinterland der Cote d’Azur wurde es schon bald zum Stammlokal der Künstler, die maßgeblich die Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt haben. Neben Marc Chagall, der in der Nachbarschaft lebte, waren Matisse, Picasso, Braque, Signac, Soutine und Léger häufige Gäste. Später kamen berühmte Zeitgenossen wie Sartre und Simone de Beauvoir, Orson Welles, Brigitte Bardot und viele andere.

Die Künstler schufen einzigartige Auftragsarbeiten für den Ort, die von der Eigentümerfamilie erworben wurden und bis heute dort zu sehen sind. Sie wurden gestohlen und wiederbeschafft. Ihr Wert ist heute so ungeheuer hoch, dass sie am angestammten Platz nicht zu versichern sind. All das macht den Reiz des Ortes aus. Die große Skulptur Calders, eines seiner berühmtesten Mobiles, die auf dem Bild von Yanai zu sehen ist, stammt aus den frühen Fünfziger Jahren. Sie steht am Pool und ist auf einer Vielzahl von Fotografien zu finden.

Nach dem Grund für die Motivwahl befragt bemerkte Yanai mit einem Lächeln:

“Vacations are almost better before you are actually in it, fantasy and the preparation are sometimes much more rewarding than the trip itself. Maybe this is the reason for the “mythical” hotel of La Colombe d’Or, which is certainly half a tourist trap living off of the legend of artists. But when I saw that Calder there, I knew I had to paint it.“

Yanais Motive, die uns an etwas erinnern, das in Wirklichkeit so nie existiert hat, transportieren ein schwer greifbares Versprechen. Zugespitzt formuliert sind es Sehnsuchtsbilder, die aus Traumerfahrungen des Künstlers hervorgehen — der Ausstellungstitel “Boy on an Island” verweist auf einen solchen. Dabei umfasst die individuelle Ikonographie von Yanai nicht vorrangig elitäre Orte wie das Colombe d’Or sondern auch populäre Objekte wie Segelboote, die unbeschwerte Freizeit versprechen, oder aber Gefundenes wie Darstellungen von Pflanzen in Töpfen, die als Dekoration anonyme Standorte mehr oder weniger geglückt beleben.

Nicht unwesentlich ist die Schlussbemerkung des obigen Zitats, die lautet: “I knew I have to paint it.“ Sie läßt den Schluss zu, dass Yanai vor allem in Farben denkt.

Die starke Farbigkeit wird von der kontrollierten Setzung des Malauftrags eingefangen. Diese besondere Konstellation verleiht den Bildern ihre Einzigartigkeit. Yanais Maltechnik ist formal schlüssig und von hoher Wiedererkennbarkeit. Er trägt die Farbe “alla prima” auf, also in einem durchgehenden Malprozess. Der Pinsel wird dabei in den jeweiligen Farbfeldern weitestgehend parallel geführt. Die pastose Ölfarbe wirft an den Rändern der Malspur einen Wulst auf, der dem Bild eine reliefartige Oberfläche verleiht. Dadurch wirkt seine Malerei äußerst tektonisch. “Fast wie mit Legosteinen gebaut” — wie ein Betrachter ebenso naiv wie treffend bemerkte. Die Spannung zwischen der provozierenden Strenge des Pinselduktus und dem konterkarierend fröhlichen Heilsversprechen seiner Bildmotive mag im ersten Moment irritieren, löst sich dann aber so leicht wie ein Lachen Spannungen beseitigt. Wer sich auf Yanais Kunst einlässt, entdeckt ein malerisches Können, das jeden Kommentar erübrigt.

Text: CONRADS, Februar 2018

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